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Tycom Insights

S/4HANA Transfor­mation

Erfahrungsbericht S/4HANA Transformation – Der Weg zum intelligenten digitalen Unternehmen

Datengesteuerte Entscheidungen, schnelle Reaktionen auf veränderte Marktbedingungen, und digital optimierte Prozesse bilden die Grundlage für den zukünftigen Erfolg Ihres Unternehmens. Als Entscheidungsträger wissen Sie, dass die digitale Transformation nur über die Migration auf S/4HANA als Digital Core führt.

Die komplexen Fragestellungen und Interdependenzen verlangen ein abgestimmtes Vorgehen von Szenarien- und Betriebsmodellauswahl, Fachbereichs- und Prozessanforderungen, Vorgehen im Projekt und Zielausrichtung auf der Zeitschiene. In diesem Artikel stellen wir unsere Erfahrungen mit der Transformation auf S/4HANA in der Tyrolit Gruppe vor.

Ihr Ansprechpartner

Daniel Testor Sustainability Specialist

Eduard Kohler

Chief Operating Officer

Projekt-Kunde: Tyrolit

Die Tyrolit Gruppe ist einer der weltweit führenden Hersteller von Schleif- und Abrichtwerkzeugen sowie ein Systemanbieter für die Bauindustrie. Seit über 100 Jahren spielen innovative Werkzeuge und Lösungen der Tyrolit Gruppe eine entscheidende Rolle für den technologischen Fortschritt in verschiedenen Branchen.

  • 80000+ Produkte, 4500 Mitarbeiter, 30 globale Produktionsstandorte,
    Vertrieb in 140+ Ländern
  • Maschinen-Anbindung in der Fertigung (Industrie 4.0)
  • SAP-Kunde seit 1985 mit SAP ECC bis Q2/2023: Migration S/4HANA
  • SAP-Lösungen im Einsatz: S/4HANA, SAC, SCT, BTP, Cloud Connector

Thematische Einarbeitung und Grobplanung

Mit einer effektiven Durchlaufzeit von 1,5 Jahren erfolgte die Umstellung von SAP ECC auf S/4HANA Mitte März 2023. Eine gute Vorbereitung und Planung der Aktivitäten und der Zeitschiene sind Grundvoraussetzungen für den Projekterfolg. Die SAP bietet hier viel Input in Form von Blogs, Vorgehensmodellen, Erstberatung, Webinaren, etc. Die interne Planung erfolgt dabei möglichst detailliert und in enger Koordination mit den verantwortlichen IT- und Fachbereichen.

Grob lässt sich das Vorgehen wie folgt darstellen:

Abb. 1: Projektphasen. Quelle: SAP mit Ergänzung/Gestaltung Tycom

Vorbereitungsphase

  • Anforderungsanalyse: Erfassen und Klären der Anforderungen bezüglich Prozessen, Funktionalitäten, Stammdaten und Reporting.
  • Prozessanalyse: Gegenüberstellung des Ist- zum Soll-Prozess, um notwendige Anpassungen zu identifizieren.
  • Zeit- und Budgetplanung: Festlegung eines realistischen Projektzeitplans und Budgetschätzung.
Abb. 2: Schritte der technischen Migration Quelle: SAP

Technische Vorbereitung

  • SAP Readiness Check (RC): Durchführung einer umfassenden Systemanalyse, um Kompatibilitätsprobleme und notwendige Anpassungen zu identifizieren.  Als Ausgangspunkt jeder Transformation wird der RC möglichst im Produktivsystem durchgeführt.
Abb. 3: Ergebnis Readiness Check. Quelle: SAP
  • Custom Code Check: Überprüfung und Anpassung von Eigenentwicklungen, um Kompatibilität mit S/4HANA sicherzustellen.
  • Datenbank-Umstellung: Wechsel auf die HANA-Datenbank, was oft vor der eigentlichen Conversion durchgeführt werden kann.

Planungsstrategien 

  • Transformationsansatz wählen: Entscheidung zwischen Brownfield (System Conversion), Greenfield (Neuimplementierung), oder Selective Data Transition basierend auf Unternehmensanforderungen.

Abb. 4: Entscheidungskriterien für Ansatz-Auswahl. Quelle: SAP mit Überarbeitung Tycom

  • Systemlandschaft planen: Berücksichtigung der Auswirkungen auf Entwicklungs-, Test- und Produktionssysteme. Berücksichtigung von Schnittstellen in Fremdsysteme, Add-ons, firmenspezifischen Sonder- bzw. Eigenlösungen.
  • Innovationspotenziale identifizieren: Ermittlung von Bereichen, in denen S/4HANA-spezifische Funktionen Mehrwert bieten können.

Projektmanagement 

  • Projektteam zusammenstellen: Einbindung von Fachexperten und IT-Spezialisten.
  • Change Management: Planung von Schulungen und Kommunikationsmaßnahmen für Endnutzer.
  • Risikomanagement: Identifikation potenzieller Risiken und Entwicklung von Migrationsstrategien.

Performance-Optimierung

  • Datenbanktabellen-Design: Anpassung des Datenbankdesigns zur optimalen Nutzung der HANA-Technologie. Bestimmung der benötigten Datenbankgröße.
  • HANA-spezifische Features: Planung der Implementierung von HANA-spezifischen Funktionen zur Leistungssteigerung.

Wir empfehlen, frühzeitig eine erste Sandbox-Conversion durchzuführen, um zeitnah einen Überblick zu erhalten, mit welchen Themen das konkrete Projekt konfrontiert ist.

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Einbeziehung Business-Abteilungen

Beim Brownfield-Ansatz, der von den meisten SAP Kunden bevorzugt wird und in der Regel der schnellste Weg zum Ziel ist, gibt es zwei grundsätzliche Vorgehensoptionen betreffend der Einbeziehung der Business-Abteilungen. Wichtig ist zu verstehen, dass es sich nie um ein reines IT-Projekt handelt da es zwangsläufig funktionelle Auswirkungen auf die Fachabteilungen gibt. Je nach Ansatz können diese Auswirkungen jedoch kleiner oder größer sein.
  • Technische Migration: Die Fachabteilungen werden so gut es geht aus Migrationsthemen herausgehalten. Das System wird überall, wo es geht rein technisch migriert, das heißt es erfolgen nur technisch notwendige Änderungen für welche die IT die Hauptverantwortung übernimmt und die Fachabteilungen nur dort eingebunden werden wo es punktuell notwendig ist (neues Kreditmanagement, neue Anlagenbuchhaltung, neue Geschäftspartner etc.) Dieser Ansatz wurde im Tyrolit-Projekt gewählt, um Fachabteilungs-Ressourcen möglichst wenig zu beanspruchen. Für Tests, für die finale Abnahme des Systems und der Finanzkennzahlen, und für Schulungen verpflichtend neuer Themen ist jedoch eine Einbindung der jeweiligen Fachbereiche unvermeidbar. Prozessoptimierungen, Stammdaten-Verbesserungen und die Einführung neuer Funktionalitäten erfolgen bei diesem Ansatz erst nach erfolgreicher S/4HANA-Migration.
  • Technische und inhaltliche Migration: Hier wird die Migration auch genutzt, um Prozessverbesserungen und -harmonisierungen, Stammdatenverbesserungen, und neue Funktionalitäten in Kombination mit der S/4HANA-Einführung zu erwirken. Voraussetzung hierfür ist jedoch eine höhere Ressourcenverfügbarkeit in sowohl IT als auch Fachabteilungen.

Der gewählte Ansatz sollte für alle verständlich festgehalten und kommuniziert werden.

Abb. 5 Bsp: Unterscheidung in Vorprojekte, Hauptprojekte, Nachgelagerte Projekte
Der Projektleiter des Kunden sollte über gute IT-Kenntnisse verfügen, im Unternehmen gut vernetzt sein, gut und gerne kommunizieren, und die Prozesse und Geschäftsanforderungen des Unternehmens kennen.
Vom Aufwand her sind folgende Themen besonders im Fokus:
  • Neuer Geschäftspartner und Customer Vendor Integration (CVI)
  • Neues Hauptbuch und Hauptbuchmigration (Finance Data Migration)
  • Neue Anlagenbuchhaltung
  • Neues Kreditmanagement
  • Material Leder
  • Verbuchung von Erträgen
  • Bonus- und Rabattverträge (Contract Settlement)
  • Neues Cash-Management
  • Abstimmung mit den Wirtschaftsprüfern und Vergleich Finanzkennzahlen vor/nach Migration
  • Foreign Trade / Intrastat Reporting
  • RE/FX Verträge
  • Sonder-Prozesse oder Eigen-Lösungen des Kunden

Für CVI und neues Hauptbuch empfehlen sich eigene Vorprojekte, falls der Go-Live später im Jahr stattfindet dann ebenfalls für das Contract Settlement.

Eine frühe Abstimmung mit den Wirtschaftsprüfern ist empfehlenswert, um gemeinsam zu definieren, wie die Systemumstellung abzunehmen ist und welche Finanzkennzahlen im Vergleich ECC vor der Umstellung vs. S/4HANA nach der Umstellung zu erbringen sind.

Nach erfolgter thematischer Vorbereitung, Scope-Definition und Grobplanung in der IT sowie Vorgesprächen mit der Geschäftsleitung erfolgt die Auswahl geeigneter Projektpartner.

Auswahl Projektpartner

Nur wenige Kunden werden das technische Wissen und die Ressourcen für eine Umsetzung in Eigenregie schultern können. Bei der Auswahl empfehlen wir möglichst lokal verfügbares und kompetentes Entwickler-Knowhow für die notwendigen Custom Code und Performance-Anpassungen, eine erfahrene Projektleitung inklusive Erfahrung mit S/4HANA und mit der Migration, und eine gute Chemie zwischen Berater und Kunde. Der Partner sollte ebenfalls gut mit der SAP vernetzt sein, um bei spezifischen Migrationsproblemen schnellen Zugang zu SAP-Experten- und Migrationswissen herstellen zu können.

Projektbeauftragung

Wir empfehlen, das Projekt möglichst hoch in der Hierarchie anzusiedeln und die Unterstützung des Top-Managements über die gesamte Projektdauer einzuholen. Der Projekt-Eigner sollte entsprechend im Vorstand angesiedelt sein, ebenso wie Teile des Steering Committees. Falls größere Auswirkungen auf einzelne Fachbereiche erwartet werden, so sollten deren Vertreter ebenfalls in die Projektorganisation eingebunden werden.

System stabil und sauber halten

Für die Dauer des Projektes empfiehlt es sich, keine neuen Funktionalitäten in das bestehende System hinzuzufügen damit Ausgangspunkt und Zielbild möglichst unverändert sind. Das verringert in Folge den Aufwand im Projekt, insbesondere bei Themen wie Custom Coding und Stammdaten. Nur absolut notwendige Veränderungen am System sollten zulässig sein und in enger Absprache mit dem Projektteam erfolgen.

Aufräum-Aktionen vorab sind absolut empfehlenswert, z.B. Archivierungsübungen bei Stammdaten wie Kunden und Lieferanten sowie bei Bewegungsdaten wie Belegen, obsoleten und nicht mehr verwendetes Custom Coding entfernen.

Zeit- und Aufgabenplanung

Der Zeitplan und frühestmöglicher Go-Live Termin hängen ganz wesentlich vom aktuellen Kundensystem ab. Wurde dieses erst vor wenigen Jahren aufgesetzt ohne viele Eigenentwicklungen, mit geringem Funktionsumfang und mit sauberen Stammdaten so kann eine Transformation recht sportlich in 6-10 Monaten gelingen. Die Realität der meisten SAP-Kunden schaut jedoch anders aus, hier sind historisch gewachsene Systeme einzufangen und in das neue Korsett zu bringen.

Zeitpläne helfen, die Migration strukturiert abzuwickeln und dienen auch als Kommunikationsmittel. Die einzelnen Aufgaben sind insbesondere für die Durchführung des Go-Lives (Produktivsystem-Migration) möglichst detailliert zu dokumentieren und den Verantwortlichen zuzuweisen, um Abhängigkeiten und wichtige Zwischenschritte im Ablauf korrekt zu berücksichtigen. Wir empfehlen, insbesondere für kritische Phasen detaillierte Zeitpläne im Überblick zu erstellen und diese mit Aufgaben-Listen zu unterlegen, und dabei auch die Abhängigkeiten zu anderen Projekten wie z.B. Ablöse anderer bestehender Software-Lösungen im Auge zu behalten und sich mit diesen intensiv abzustimmen.

Abb. 6 Bsp: High-Level Plan als Kommunikationstool für Projekt-Stakeholder und für die Planung von Abhängigkeiten zu anderen Projekten
Abb. 8 Bsp: Zeitplanung eines Unterprojekts
Abb. 9 Beispiel: Visualisierung Geschäftspartner-Daten
Visualisierung der Komplexitäten helfen, den Überblick zu behalten und die relevanten Stakeholder an Bord zu bringen.

Besonderes Augenmerk ist auf die Planung des Go-Lives zu legen. Nach erfolgtem Go-Live ist ein ausreichender Hypercare-Support für die Fachabteilungen sicherzustellen. Wir empfehlen auch, mit SAP eine Bereitschaft zu vereinbaren, z.B. bei HANA-Datenbankproblemen während der Konvertierung. Wir empfehlen auch, vorab Notfallpläne und Backup-Lösungen zu erarbeiten, z.B. unter welcher Voraussetzung wird das ECC-Backup gezogen, welches unbedingt vorab zu erstellen ist, und was geschieht falls ein zentrales Projektmitglied überraschend ausfällt.

Abb. 10 Bsp: Planung eines Go-Live Wochenendes

Eine Konvertierung umfasst sehr viele Aufgaben, die in der Regel in eine chronologische Abfolge zu bringen sind, um Abhängigkeiten zu berücksichtigen. Hier helfen strukturierte Aufgabenlisten mit Statusindikator.

Figure 1 Beispiel: Aufgabenplan mit Interdependenzen. Quelle SAP
Figure 2 Beispiel: Strukturierte Aufgabenliste pro Konvertierung in zeitlicher Reihenfolge

Release- und Sandbox-Planung

Je nach System-Ausgangssituation und Resultat der ersten Sandbox-Konvertierung wird eine erste Entscheidung über die Anzahl der Test-Konvertierungen getroffen, die sich auf die Projektdauer auswirkt. Testkonvertierungen reduzieren das Risiko von Fehlern bei der Produktivmigration signifikant und sorgen für ein eingespieltes Projektteam. In der Regel gibt es eine dreistufige Systemlandschaft mit Entwicklungs-, Test- und Produktivsystem. Daraus ergeben sich bereits zwei Testzyklen. Wir empfehlen, darüber hinaus mindestens zwei weitere Testzyklen durchzuführen, indem das ECC-Produktivsystem in eine Sandbox kopiert wird und darauf die Konvertierung auf S/4HANA eingeübt wird – so produktivnah wie möglich. Die Sandbox-Systeme werden in enger Abstimmung mit der Basis bzw. mit dem Basis-Outsourcing-Partner bereitgestellt.

Figure 3 Beispiel: Sandbox-Konvertierungen aus dem Produktivsystem. Quelle: SAP

Das Gesamtvorgehen kann dann entsprechend so ausschauen.

Sobald das Entwicklungssystem auf S/4HANA migriert wurde, kann der System Freeze aufgehoben und Neuentwicklungen wieder angestoßen werden.

Figure 4 Gesamtvorgehen Sandbox- und Systemlandschaftskontertierungen. Quelle: SAP

Dokumentation, Tests, Schulungen

Eine zentrale, für alle erreichbare Projektplattform erleichtert die Kommunikation und Bereitstellung von Testfiles, Schulungsunterlagen, und relevanter Dokumente. Wir empfehlen, nach Möglichkeit auf bestehende Strukturen zurückzugreifen wie z.B. SharePoint oder Intranet-Seiten.

Falls es ein bestehendes Ticket-System gibt, bietet es sich an, darin eine eigene Kategorie „S/4HANA Test Findings“ zu erstellen, damit User darin negative Testergebnisse aufnehmen können. So behält das Projektteam den Überblick, kann den Fortschritt tracken und auf dieser Grundlage entscheiden, ob das System und die Anwender bereit für den Go-Live sind.

Im Rahmen eines Testkonzepts wird definiert, wann welche Tests stattfinden und wie diese mit dem Gesamtprojektplan zusammenspielen.

Abbildung 11 Beispiel: Kommunikationsplattform auf SharePoint

Nach Möglichkeit wird auf bestehende Testszenarien und Testdokumentationen zurückgegriffen. Wir empfehlen, das Nutzerverhalten über einen längeren Zeitablauf im Produktivsystem zu tracken damit in den Testfällen die tatsächlich verwendeten Transaktionen, Reports, und Apps abgedeckt werden können.

Betreffend der Schulungen haben wir gute Erfahrungen mit Schulungsvideos gemacht, die z.B. mit einfachen Tools with Camtasia von TechSmith aufgezeichnet und auf der zentralen Projektplattform zur Verfügung gestellt werden können. Damit entfällt ein Großteil der Vor-Ort-Schulungen, und die User können den Trainings-Content zeitunabhängig abrufen, wann es ihnen passt.

Abbildung 12 Beispiel: Schulungsvideo zum Geschäftspartner in Camtasia

Datenvalidierung

SAP empfiehlt, rund um den Go-Live zumindest 11 Finance-Prüfreports vor der Konvertierung im SAP ECC und danach im S/4HANA laufen zu lassen. Hierzu ist gegebenenfalls die Einbindung aller Finanz-Verantwortlichen der beteiligten Gesellschaften notwendig. Wir empfehlen vorab einen Probelauf dieses Validierungsprozesses im Testsystem sowie frühzeitige Abstimmung und Go-Live Begleitung durch die Wirtschaftsprüfer der Gruppe. Unter Umständen kann es auch in einzelnen Ländern notwendig sein, dass die Systemumstellung bei Behörden anzuzeigen ist. Eine strukturierte und nachvollziehbare Dokumentation der Testergebnisse mit System-Screenshots ist unerlässlich.

Abbildung 13 Beispiel: Finanzdatenreports für die Datenvalidierung
Abbildung 14 Beispiel: Kommunikation zur Bereitstellung der Finanzdatenreports

S/4HANA Transformation mit Tycom

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